Scheibes Kolumne: Alles geht kaputt!
Zuerst war es die Spülmaschine. Mit einem hässlichen Geräusch fraß sich die gesamte Mechanik fest und zwang uns dazu, das tropfende Geschirr einer vierköpfigen Familie von Hand abzuzwaschen, bis der Reparaturmensch endlich anrauschte. Der meinte: „Wenn die Spülmaschine beim Einschalten den Fehler X zeigt, dann ist alles zu spät. Dann kann ich sie nicht mehr reparieren. Dann muss eine neue her. Moment – ja, genau dieser Fehler.“
Im Elektromarkt um die Ecke wurde eine neue Spülmaschine gefunden und am nächsten Tag auch schon nach Hause geliefert. Die lieben Monteure nahmen die alte Ruine gleich mit. 500 Glocken weg. Plus 50 für die Lieferung.
Eine Woche später. Die Waschmaschine im Keller fiepst wie ein in die Jägerfalle getapstes Rehkitz. Sollen wir zum Gnadenschuss ansetzen? Der Reparateur bittet um Aufschub. Nur eine Kohle muss ersetzt werden. Das Stück Kohle sieht aus, als würde es in der Herstellung 5 Cent kosten. Wir zahlen 100. Aber: Die Waschmaschine geht wieder. Allerdings nur zwei Wochen lang, dann heißt es im Display: Die Pumpe ist verstopft. Egal, was wir tun, nix geht mehr. Ich bin aber nicht doof, ich suche bei Amazon & Co nach einem preiswerten Schnäppchen. Und – finde eins. Allerdings sind die ausgewiesenen Lieferzeiten ein echter Skandal: Sooo lange können wir nicht auf saubere Wäsche warten.
Im Elektrohandel um die Ecke steht eine Maschine als preisreduziertes Ausstellungsstück bereit. Aber es ist immer noch teurer als die Alternative bei Amazon. Ich mache auf den Preisunterschied aufmerksam. Die Verkäuferin grinst: „Aber wollen Sie so lange warten?“ Woher weiß sie das? Die 30 Euro Nachlass, die sie mir jetzt einräumt, klingen wie eine Backpfeife. Aber immerhin – wir kennen uns jetzt.
Als die Waschmaschine geliefert wird, guckt der Lieferdienstleister schon mitleidig auf den Trockner: „Na, da sehen wir uns ja schon bald wieder, der macht‘s auch nicht mehr lang.“ Okay, der Trockner sieht nicht besonders gut aus, und es sind schon ein paar Plastikteile aus der Peripherie abgebrochen. Aber wir sind doch Freunde. Und die soll man nicht trennen.
Und überhaupt: Zurück zur Waschmaschine. 600 Euro weg. Ka-sching. Plus 50 für die Lieferung. So Pi mal Daumen.
Das Gesetz der Serie bringt uns zum Zittern. Wir haben doch gerade erst alle Jahres-Versicherungen bezahlt. Auto. Noch ein Auto. Hausrat. Haftpflicht. Und wie die alle heißen. Für den aktuellen Monat bleibt uns doch auch ohne Ausfälle schon kein Geld mehr übrig, um die Familie zu ernähren. Der Hund wird sich ab sofort selbst versorgen müssen. Immerhin hat er genug Speck auf den Rippen, um durch den Monat zu kommen.
Eine Sache muss aber noch kaputt gehen, sonst geht der Fluch nicht zum nächsten Nachbarn über. Wir tippen auf den Herd, der röchelt wie ein asthmatischer Methusalem; auch das Ceran-Feld weist bereits einen langen Sprung auf.
Aber – es ist die Heizung. Morgens ist auf einmal alles kalt, es geht kein warmes Wasser mehr. Die Sicherung ist rausgesprungen, es ist zu wenig Wasser im System. Der Heizungsmonteur ist schnell zur Stelle und teilt uns mit: Der Mischer ist defekt, das Wasser tropft aus ihm wie aus einem inkontinenten Säugling. Zum Glück ist auch hier alles schnell repariert. Die Rechnung landet aber ebenso schnell auf meinem Schreibtisch. 1000 Euro. Weg.
Jeden Abend bete ich jetzt voller Inbrunst. Lieber Gott, bitte schenke uns einen Gewinn im Lotto – auch wenn wir gar kein Lotto spielen. Und hab bitte ein Auge auf unseren Trockner und unseren Herd, auf dass sie beide noch ein paar Monate leben dürfen. (Carsten Scheibe)
Seitenabrufe seit 11.04.2015:
Anzeige
Sie haben eine Artikelidee oder würden gern eine Anzeige buchen? Melden Sie sich unter 03322-5008-0 oder schreiben eine Mail an info@zehlendorfaktuell.de.