Scheibes Kolumne: Immer diese Kunden!
Als Handwerker hat man es schon schwer. Da schleppt man mit seiner eigenen Hände Kraft mehrere 25-Kilo-Säcke Zement, zig Eimer Sand, dazu ein Dutzend unhandliche Gipsplatten, viele schwere Pakete mit Fliesen, den dazu nötigen Fliesenkleber und sein ganzes Werkzeug mühsam zu Fuß die Treppen hoch in den fünften Stock, um dort in einer Dachgeschosswohnung ein Bad neu anzulegen.
Ein Betonboden wird gegossen, ein Ständerwerk wird aufgestellt, Gipsplatten werden zu Wänden geformt. Fliesen werden mit einem infernalen Krach geschnitten und dann mit einer in Jahren perfektionierten Bewegung in den Fliesenkleber gedrückt. Nach vielen Tagen und vielen Litern vergossenem Schweiß steht dann das neue Bad. Und dann gibt es einfach drei Sätze, die man als Handwerker NIE hören möchte:
1. „Diese eine Wand hier, die können Sie doch noch einmal versetzen, oder?“
2. „Meiner Frau gefallen die Fliesen nun doch nicht mehr. Die müssten wir noch mal austauschen.“
3. „Sicherlich können wir später einmal über diese Situation lachen, aber – ich bin pleite und kann Sie gar nicht bezahlen.“
Immerhin gibt es dann auch eine Gelegenheit, um als Handwerker Humor zu zeigen:
1. „Dafür, dass ich das zum allerersten Mal gemacht habe, ist es doch ganz ordentlich geworden, oder?“
2. „Sicherlich können wir später einmal über diese Situation lachen, aber – wir haben die Steckdosen vergessen.“
3. „Ihre Katze – es könnte vielleicht sein, dass sie, wenn sie noch immer nicht wieder aufgetaucht ist, in der neuen Wand steckt.“
Der Alptraum für jeden Handwerker – Kunden, die gern experimentieren. Die neue Hausfassade soll „irgendwie fliederfarben“ gestrichen werden? Und keine handelsübliche Farbe entspricht der gewünschten Farbnuance? Kein Problem, dann wird die Farbe eben selbst aus „weiß“ und „lila“ gemischt. Schade nur, dass sie im feuchten Zustand so ganz anders aussieht als später, wenn sie an der Fassade getrocknet ist. Also – noch einmal von vorn. Es macht ja viel Spaß, in mehreren Metern Höhe von einem Gerüst aus die Fassade zu streichen, wenn das Gerüst
a. einen vollen und viel zu weiten Meter von der Wand abgerückt ist.
b. der angetrunkene Gerüstbauer sich unten wundert, dass noch ein paar Verbindungsteile übrig sind.
Immerhin gibt es nach der finalen Fertigstellung der Fliederfassade wieder eine Möglichkeit dafür, Humor zu beweisen – wenn es darum geht, die Löcher zu erklären, die nach dem Abbau des Gerüsts in der Hauswand zurückbleiben, weil sie versehentlich nicht zugeschmiert wurden:
„Das ist eine neue Berliner Senatsvorschrift. Die Bohrungen für das Festhalten des Gerüsts müssen ab sofort nach dem Entfernen des Gerüsts in der Wand verbleiben. Das ist für den Naturschutz, genauer gesagt für das Überwintern der Hummeln. In jedes Loch passt nämlich genau ein Hummelvolk, das aus acht Tieren besteht. Eine Hummel hat einen dicken Hintern, die macht damit als letzte im Schacht das Loch zu. So ist das, ehrlich.“
Als Handwerker kann man sich auch leicht ein bisschen Geld dazuverdienen. Da gab es diese nette Omi neben der Baustelle, die fragte, ob man ihr nicht etwas Sperriges drei Stockwerke nach unten und nebenan wieder vier Stockwerke nach oben tragen könne. Aber natürlich, Omi. Aber musste es gleich ein gusseisener Kachelofen sein? Nach dem schweißtreibendsten Umzug aller Zeiten gab es für jeden Helfer immerhin 40 Cent bar auf die Hand. (Carsten Scheibe)
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