Zehlendorfer Buchautoren – ein Porträt: Till Raether
Oft genug ist es so – die Autoren hinter den Büchern, die kennt man nicht. Gerade erst vor ein paar Tagen ist das dicke Buch „Treibland“ in den Handel gekommen. Erschienen ist es beim renommierten Verlag Rowohlt, geschrieben hat es Till Raether.
Till Raether ist zwar 1969 in Koblenz geboren. Aber er sagt selbst über sich: „Ich seh mich eher als Zehlendorfer: Als ich geboren wurde, haben meine Eltern in einer Studentenbude im Hegewinkel gewohnt, in der Nähe vom U-Bahnhof Krumme Lanke. Ich bin in einer Etagenwohnung in Zehlendorf-Mitte aufgewachsen, zwischen Schweizerhofpark und Schönower Park. 1975 bin ich auf der Schweizerhof-Grundschule in der Leo-Baeck-Straße eingeschult worden und 1981 aufs Schadow-Gymnasium hinterm S-Bahnhof Zehlendorf gewechselt.“
Till Raether, ein Zehlendorfer also. Und einer, der schon immer ein großes Faible für die Medien hatte. Er besuchte nach dem Abitur die Deutsche Journalistenschule in München, studierte Amerikanistik und Geschichte in Berlin und New Orleans und war bis 2005 stellvertretender Chefredakteur der Frauenzeitschrift „Brigitte“. Er schrieb für das SZ-Magazin, den STERN und für viele „Brigitte“-Ableger. Für „Brigitte Woman“ verfasst der verheiratete Autor mit zwei Kindern noch immer eine monatliche Kolumne über das Leben jenseits der Vierzig („Zweite Halbzeit“).
„Zwischendrin“ hat Till Raether Lust aufs Bücherschreiben – und hat auch hier Erfolg. Was nicht bei jedem Journalisten so ist, nicht jeder rasende Reporter taugt auch zum Autor. 2001 erscheint bei Rowohlt „Der kleine Beziehungsberater“, ein heiteres Sachbuch über, na klar, Beziehungen. Bei Piper wird 2007 Raethers erster Roman veröffentlicht: „Das Leben ist nur eine Phase“. Weiter geht es 2011 bei Fischer mit dem Titel „Männergefühle: Eine Enthüllung“, geschrieben zusammen mit Stephan Bartels. Es ist wieder ein heiteres Sachbuch. Nun, 2014, also „Treibland“, ein Krimi und Roman Nummer 2. Der zweite Krimi mit dem gleichen Kommissar wie in „Treibland“ ist schon in Arbeit.
Wie sieht Till Raether selbst seine Heimat Zehlendorf? „Letztendlich bin ich wegen der Arbeit nach Hamburg gegangen und hier hängen geblieben: Ich war von Anfang an auf den Zeitschriften-Journalismus fixiert, und da gab’s in Berlin einfach keine Perspektive. Und dann habe ich vor fünfzehn Jahren in Hamburg durch die Arbeit meine Frau kennen gelernt, die zufällig ebenfalls aus Süd-Berlin kommt (Lichterfelde-West!). Und ebenfalls zum Arbeiten nach Hamburg gekommen ist. Und meine Schwester ist auch in Hamburg. Wir bilden hier in Hamburg-Altona sozusagen eine kleine Zehlendorfer Enklave und schwelgen in Heimweh, und immer, wenn ich nach Berlin fahre, ist Zehlendorf die einzige Station, die fest gebucht ist: Meine Mutter wohnt immer noch im Viertel.“
Und Till Raether schwelgt in Erinnerungen: „Als Jugendlicher wollte ich zwar irgendwann raus aus Zehlendorf, weil’s mir zu weit außerhalb und zu verschlafen schien, aber an meine Kindheit in den Parks, am Teltow-Kanal und im Sommer an der Krumme Lanke habe ich fantastische Erinnerungen. Im Nachhinein glaube ich, dass es die perfekte Umgebung war, um dort aufzuwachsen: still und abgelegen genug, um sich als Kind viel auf die eigene Fantasie verlassen zu müssen, und um den ganzen Tag ohne Aufsicht draußen mit dem Fahrrad verbringen zu können. Und gleichzeitig beruhigend im Schatten der Großstadt, so dass man immer wusste: Wenn man raus will, kann man sich jederzeit in den 60er Bus setzen und ist dann in 45 Minuten am Ku-Damm!“
Und was vermisst der Autor an Zehlendorf? – „Die Seen, das Grün. Es gibt so ein ganz bestimmtes Licht im Mai, im Juni und dann wieder im Spätsommer, wenn die Sonne durch die Bäume im Schönower Park scheint, das ich nie wieder woanders gesehen habe. Und die Gehwege riechen noch romantischer als anderswo, wenn’s im Sommer gerade geregnet hat und dann die Sonne wieder scheint.“ (Foto: Manuel Krug)
Für Sie als Buch gelesen: Treibland
Autor Till Raether unternimmt zusammen mit seinem Vater eine Kreuzfahrt. Am Ende hätte er seinen Vater fast über Bord geworfen. Zum Glück wurden alle Spannungen der Fahrt bei einem Whisky bereinigt. Raether stellt aber fest, dass „Kreuzfahrtschiffe seltsame Dinge mit einem machen“. Und er überlegt, was wohl passiert, wenn alle Passagiere zwei Wochen länger an Bord bleiben müssten, mit dem Zielhafen bereits vor Augen. Und was wäre die Geschichte, die zur unfreiwilligen Quarantäne führen würde? „Wohl eine mit tödlichen Viren, Single Malt Whiskys, afrikanischen Fetischen, Auftragsmörderinnen, Komplotten und gescheiterten Ehen. Und zwar in Hamburg, denn wo sonst wäre es grausamer, an Bord eines Schiffes im Hafen zu liegen und nicht an Land gehen zu dürfen.“ So schreibt Raether in der „Nachbemerkung“ zu seinem ersten Krimi, der unter dem Titel „Treibland“ gerade bei Rowohlt erschienen ist.
Und darum geht es: Im Hamburger Hafen läuft das Kreuzfahrtschiff „Große Freiheit“ ein. An Bord ist ein toter Passagier, der sein Leben anscheinend an ein geheimnisvolles Virus verloren hat. Das Schiff fährt unter panamesischer Flagge, also ist Hamburg nicht zuständig. Weil der Tote aus Hamburg kommt, aber irgendwie wieder doch. Also schickt man den Schreibtisch-Kriminalkommissar Adam Danowski, der kurz vor dem Burnout steht, los, damit er ein bisschen ermitteln kann. Nur so fürs Protokoll. Aber Danowski kommt einem Komplott auf die Spur, es drohen noch mehr Tote. Auf dem Schiff steht die Situation kurz vor der Eskalation – und Danowskis Gegner sorgen mit aller Macht dafür, dass die Quarantäne bestehen bleibt.
Till Raether hat ein Gespür für ungewöhnliche Charaktere und feine Beobachtungen der zwischenmenschlichen Befindlichkeiten. Ein knapper Schreibstil mit einer sehr visuellen Sprache sorgt dafür, dass man als Leser schnell an der Angel hängt und Danowski mit Enthusiasmus bei all seinen verzwickten Abenteuern zur Seite steht. Anscheinend hat auch Raether Spaß an seinem Kommissar gewonnen – ein Folgeband ist bereits in Arbeit.
Und: „Treibland“ hat sogar etwas mit Zehlendorf zu tun. Till Raether: „Der Kommissar Adam Danowski ermittelt zwar in Hamburg am Hafen in einem geheimnisvollen Todesfall an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, aber er ist vor zehn, zwölf Jahren aus Berlin nach Hamburg gekommen. Und versinkt im Buch hin und wieder in Gedanken an seine alte Heimat Zehlendorf. Tatsächlich habe ich beim Schreiben offenbar so viel an Zehlendorf gedacht, dass ich einige Namen und Details aus dem Bezirk eingebaut habe, was mir aber erst beim Korrekturlesen aufgefallen ist.“
So gesehen ist „Treibland“ vor allem auch für den Zehlendorfer ein großer Lesespaß, weil sie viele lokale Andeutungen genießen können.
„Treibland“ erschien am 1. März 2014 bei Rowohlt – als Paperback mit 495 Seiten für 14,99 Euro.
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