Scheibes Kolumne: Ich gehe ins Fitness-Studio
Seit einigen Monaten geh ich ins Fitness-Studio. Theoretisch drei Mal die Woche. Weihnachten hat zwar die sich bereits zart andeutende Figur wieder ordentlich verbeult, aber: „Von nichts kommt nichts“. Oder wie der Fitness-Freund sagt: „Was weh tut, wächst.“
Am Tresen hol ich mir meinen Schlüssel und schlendere hoch in die Garderobe. Die Schuhe bleiben vor der Umkleide im Regal. Auf Socken geht es in den Raum mit den abschließbaren Schränken hinein. Im Nu sind die Socken nass. Wer körperbewusst lebt, trocknet sich eben nicht in der Dusche ab, sondern lässt auf dem Weg zum Locker einfach alles abtropfen. Ah, schau an, der Herr trägt auch unten Glatze? Was man so alles auf dem Weg zum Spind 35 erfährt.
Also ab in die engen Sporthosen, ein kleines Handtuch über die Schultern, die Kopfhörer ins iPhone und rasch noch am Empfang die Wasserflasche aufgefüllt. Auf den Laufbändern, den Fahrrädern und auf den Crosstrainern ist wieder einmal die Hölle los. Viele finden hier einfach kein Ende. Gerade auf den Fahrrädern strampelt eine Armada, als gelte es, mit in die Ferne entrücktem Blick von Falkensee bis nach Argentinien zu radeln. Ich schwöre, einige von denen schwitzen da bereits, seitdem ich vor Monaten in das Studio eingetreten bin. Dabei weiß der Kraftsportler: „Ausdauersport schadet der Figur“. Und überhaupt: „Nur Eisen gibt Kraft.“
Für die Hanteln bin ich noch nicht bereit, auch wenn es heißt: „Masse ist Macht“, „Nur schwer macht schwer“ oder „Quäle deinen Körper, sonst quält er dich.“ Also geh ich an die Maschinen. Mein Trainer hat mir einen ganz persönlichen Plan aufgestellt, sodass ich weiß, an welchen Geräten ich welche Einstellungen wählen und welche Gewichte auflegen muss. Und überhaupt: „Wenn nix mehr geht, gehen immer noch 10 Wiederholungen.“ Und: „Wenn du keine 10 Wiederholungen schaffst, dann mach halt 12.“
Das Problem ist nur – erst einmal herankommen an die Maschinen. Da haben zwei Mädels in hautengen Elasto-Dressen, die farblich aufeinander abgestimmt sind, gleich zwei Maschinen mit Handtüchern blockiert, als ob sie im Urlaub sind. Jetzt stehen sie genau im Niemandsland dazwischen – und quatschen. Seit einer halben Stunde. Auf der anderen Maschine ist ein Schwitzer angekommen. Er pumpt und pumpt – nicht nur das Eisen, sondern auch seine Drüsen. Ein Tsunami der Körpersäfte ergießt sich auf die Polster des Kraftautomaten. Dafür sind also die kleinen Handtücher gut, die alle dabei haben: Gut, dass er auch eins hat.
Ich mache meine ersten Übungen, merke, wie Blut in die Muskeln strömt, und bewundere mich dabei im Spiegel. Ja, man kann förmlich sehen, wie das Fett von Minute zu Minute schwindet und sich erste Muskeln formen. Ist das noch ein Waschbärbauch oder bereits ein zartes Sixpack? Ein Kollege an der Bank schüttelt unmerklich den Kopf. Hab ich laut gesprochen?
Ich entdecke einen Anfänger, der schief und krumm in den Seilen hängt und die Gewichte völlig falsch zieht. Da kann man förmlich ahnen, wie die Bandscheiben und Knorpel zerplatzen wie ein zarter fluffiger Pfannkuchen zwischen Amboss und Schmiedehammer. Schnell eilt ein Trainer auf den armen Kerl zu und korrigiert die Haltung, bevor der sich noch wehtut. Und dann müssen wir mit dem Jungen mal über den Eiweiß-Shake am Ende des Trainings sprechen. Denn: „Nur wer Protein sät, wird Muskeln ernten“.
Wo ist der Trainer jetzt schon wieder hin? Ach, da hängt er ja. Einarmig macht er Klimmzüge. Was? So schnell kann man 20 davon am Stück machen? Deprimierend. Diese Station lasse ich mal lieber aus. Ich gucke in den Spiegel und kontrolliere, ob ich bereits einen Schweißtropfen auf der Stirn habe. Jawoll, da ist er. Also kann ich es für heute gut sein lassen. Denn: „Egal, ob dein T-Shirt von Adidas, Nike oder Reebook ist, es muss nach Puma stinken.“ (Carsten Scheibe)
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