Promifaktor made in Zehlendorf: Rudolf Martin
Rudolf Martin (67 geboren) ist unser Mann aus Zehlendorf in Hollywood. Carsten Scheibe sprach mit dem Schauspieler, mit dem er vor viel zu vielen Jahren das Werner-von-Siemens-Gymnasium besucht hat, und der inzwischen einer der beliebtesten TV-Bösewichte ist.
Du kommst aus Zehlendorf: Erzähl doch mal von früher.
Ich bin in Zehlendorf in der Schopenhauer Straße aufgewachsen, habe bei Hertha 03 Fußball gespielt, bin auf die Johannes Tews Grundschule und dann auf das Werner von Siemens Gymnasium gegangen, war im Schlachtensee schwimmen und bin auf dem Schlitten die Rehwiese heruntergerodelt. Eine schöne Kindheit und Jugend in Zehlendorf war das. Die Theater AG und Basketball haben mir viel Spass gemacht. Aber nach dem Abitur wollte ich weg und die Welt erforschen.
Auf den Klassentreffen wird gemunkelt, du wärst als Unterwäschemodell nach Paris gegangen, um auf dem Laufsteg Karriere zu machen.
Unterwäschemodell? Das hab ich nie gemacht, wer kommt auf so etwas? Ich war in Paris und da hat mich Jean Paul Gaultier von der Strasse weg für seine Show und Werbekampagne angeheuert, so war das! Von da an konnte ich mir mit dem Modeling etwas Geld hinzuverdienen. Die Schauspielerei hat mich schon damals sehr interessiert, aber zum Vorsprechen an einer Schauspielschule fehlte mir der Mut.
Vier Jahre später hat es mich dann nach New York verschlagen. Hier habe ich zufällig etwas über das „Lee Strasberg Theatre Institute“ gelesen. Nämlich, dass man durch das „Method Acting“ einen ganz anderen Einstieg in den Beruf erhält, als dies damals etwa an einer deutschen Schauspielschule möglich war. Und ich wusste – das ist meine einzige Chance. Ich habe sofort alles stehen und liegen lassen und bin zwei ganze Jahre im „Lee Strasberg Institute“ untergetaucht. Hier habe ich mir Stück für Stück mein Selbstvertrauen als Schauspieler zugelegt und erste Erfahrungen mit kleinen Theaterprojekten gesammelt.
Du hast von 1993 bis 1996 in der amerikanischen TV-Serie „All My Children“ mitgespielt. Wie bist du an diese Rolle gekommen?
Ich glaube, ich war nur zwei Jahre lang in der Serie zu sehen, habe aber bestimmt in über 100 Folgen mitgemacht. Mein Schauspiellehrer hat mir einen richtig guten Manager vermittelt, der es tatsächlich geschafft hat, mir Interviews und „Auditions“ zu besorgen.
Mein erster Job war ein Kurzfilm mit Mira Sorvino und der zweite gleich „All My Children“. Ich hatte ursprünglich für eine ganz andere Rolle vorgesprochen. Die Casterin fand mich zwar für diese Rolle völlig ungeeignet, dafür aber interessant, und nach mehreren weiteren Probeszenen hat man mir einfach eine eigene Rolle geschrieben. Meine Hauptpartnerin war Sarah Michelle Gellar („Buffy“) und mein Vater Michael Nader, den ich als „Des Dexter“ von „Dynastie“ kannte.
So eine Soap ist gar nicht so einfach zu spielen, wenn man von einer „Methode Acting Schule“ kommt und kaum Kameraerfahrung hat. Ich habe mich zuerst sehr schwer getan, aber dann hat es irgendwann geklickt. Irgendwann fand ich dieses ewige melodramatische Gelabere aber auch langweilig. Danach hab ich ein Jahr lang in New York Theater gespielt und ein paar gute kleine Indie-Filme gedreht. Nach sieben Jahren wollte ich aber einfach einmal raus aus New York.
Deine nächste Station nach Berlin, Paris und New York war – Los Angeles. Der Filmkarriere wegen?
Im Januar 1998 bin ich mit dem Auto von New York nach LA gefahren. Zwei Städte, die man nicht vergleichen sollte, weil sie so unglaublich verschieden sind. Mir persönlich hat der Wechsel sehr gut getan. Aber: Auf einmal ging mit der Schauspielerei rein gar nichts mehr. Zum Glück hat mich ein Engagement für die sehr gute TV-Serie „Beggars and Choosers“ (gab‘s leider nie in Deutschland) aus dem Sumpf gezogen – und auf einmal kamen auch wieder andere Jobs.
Ich habe dich das erste Mal bewusst im Kinofilm „Passwort: Swordfish“ wahrgenommen – mit John Travolta, Hugh Jackman und Halle Berry. Wo hast du sonst noch mitgewirkt?
Ich habe viel mehr kleine Independent Filme als große Studiofilme auf meiner Vita. Außer in „Passwort: Swordfish“ war ich noch in „Bedazzled“ („Verteufelt“ mit Brendan Fraser) zu sehen. Und ich hatte meine erste Hauptrolle als historischer Vlad Dracula in „Fürst der Finsternis“ gehabt.
Ich habe aber auch viel Glück mit dem US-Fernsehen gehabt, weil ich immer wieder an sehr guten Serien mitarbeiten durfte. So hatte ich Auftritte in „Buffy“, „24“, „Dexter“, „NCIS“, „Mentalist“ und „Mad Men“. Die guten TV-Serien sind in den USA ja sehr viel besser geschrieben und produziert als die mittelmässigen Kino-Filme. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. So bin ich gerade sehr stolz auf einen kleinen Film, in dem ich die Hauptrolle habe – „Pig“. Er kommt im Mai unter dem Titel „Identity Report“ auf DVD in Deutschland heraus und kann schon jetzt auf Amazon bestellt werden.
Dein bekanntester TV-Auftritt war der als Terrorist Ari Haswari in Amerikas beliebtester TV-Serie „NCIS“. Eine ganze Staffel lang hast du als Bösewicht das NCIS-Team in Atem gehalten und sogar ein Teammitglied um die Ecke gebracht.
Ja, das war auch wieder so eine seltene Situation, wo mir die Rolle vom „Series Creator“ direkt auf den Leib geschrieben wurde. Ich musste nicht einmal vorsprechen, sondern hab‘ die Rolle per Telefonanruf bekommen, was mir sehr selten passiert. Die Rolle war so wunderbar geschrieben, ich musste eigentlich gar nichts mehr tun und konnte das sehr genießen.
In einem amerikanischen Magazin wurdest du gerade zu den beliebtesten TV-Bösewichtern gewählt.
Ja, das war auf jeden Fall eine große Ehre. Ich war schon immer ein Fan der „Bösewichter“. Das sind eigentlich die missverstandenen Menschen, die zu schnell verurteilt werden. Mich interessiert die Grauzone zwischen Schwarz und Weiß, also versuche ich immer, irgendwie gegen die Klischees anzuspielen. Warum ich aber so oft der Bösewicht bin, weiss ich auch nicht. Ich bin ja eigentlich ein ganz netter Mensch.
Um den Kreis zu schließen: Was vermisst du aus deiner alten Heimat Zehlendorf, wenn du so weit weg in Amerika lebst?
Zehlendorf ist ein wunderschöner Stadtteil. So viel Grün, Wälder und Seen hat man nur selten in einer großen Stadt. Ich vermisse die Luft und das Fahrradfahren, das geht in LA ganz schwer.
Aber ich bin jetzt auch regelmässig wieder in Zehlendorf und habe mir dort auch eine eigene Wohnung genommen.
Infos: www.rudolfmartin.com
Foto: Katja Kuhl
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