Scheibes Glosse: Supermarkt-Führerschein
Möchte ich mit meinem Auto auch nur einen Meter weit auf öffentlichen Straßen rollen, so benötige ich dafür einen Führerschein. Ob ich einen habe oder nicht, wird sogar bei jeder Polizeikontrolle überprüft. Der Führerschein macht klar: Ich kenne die Regeln für den Straßenverkehr und verhalte mich so, dass möglichst keine Unfälle passieren. Dasselbe wünsche ich mir auch – sorry, wenn nur ich auf diesen Gedanken komme – für den Supermarkt. Ich fahre einmal in der Woche zum Großeinkauf zu real.-, LIDL & Co.
Sobald ich vor Ort den Einkaufswagen in der Hand habe, gehe ich bereits in Deckung. Denn am Samstag verwandelt sich der Supermarkt in eine moderne Kita: Dutzende kreischende Kleinkinder springen durch die Gänge und vor die Einkaufswagen, als wäre der Supermarkt ein großer Abenteuerspielplatz. Mich wundert es manchmal, dass die Kiddies nicht noch damit anfangen, sich gegenseitig zwischen den Gefriertruhen mit Mehlpackungen zu bewerfen. Die Mütter würden es eh nicht mitbekommen: Sie quatschen selbstvergessen in der Babybrei-Abteilung. Erster Vorschlag also: Der Supermarkt wird für alle Einkaufswagen zur verkehrsberuhigten Zone. Die Wagen dürfen nur in Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, um keine Kinder über den Haufen zu fahren. Blitzerkontrollen machen keinen Sinn. Streng guckende Verkäuferinnen vielleicht?
Das Elend auf den Gängen geht aber weiter. Staugefahr droht. Einkaufende Großfamilien schaffen es, in gestaffelter Front nebeneinander auch noch den breitesten Mittelgang zu verstopfen. Im Schneckentempo unterwegs, diskutieren sie ausgiebig, ob Zuhause noch ein Glas Nutella vorhanden ist oder ob ein neues gekauft werden muss. Hinter ihnen holen die Stauopfer dann bereits Tee, Kekse und Decken heraus. Das kann dauern. Unser Vorschlag: Ein Mindesttempo für Mittelgänge. Und ein strenges Rechtsfahrgebot mit freibleibender Überholspur.
Derweil verstopft eine freundliche Omi mit ihrem Wagen den gesamten Zeitschriftengang, während sie knobelnd in einem Rätselheft blättert. Schiebt man ihren sperrigen Wagen vorsichtig beiseite, so erntet man Schläge mit dem Gehstock. „Diebe!“ schreit sie und macht ein Gesicht, als wolle man ihr die Unschuld rauben.
Dabei weiß doch jeder, dass man seinen Wagen immer so am Rand parkt, dass niemand behindert wird. Das gilt vor allem vor der Obstabteilung, diesem Unfallschwerpunkt der in Massen herandrängenden Veganer, der leicht zu Massenkarambolagen und einem erhöhten Bananensterben führt. Hier lohnt sich ein einkaufswagenfreies Zentrum, das nur Einkaufsprofis mit Plakette betreten dürfen. Alle anderen müssen ihren Wagen auf den ausgewiesenen Parkplätzen abstellen.
So denn ein Führerschein für den Supermarkt kommen soll, muss auch das Verhalten an der Kasse studiert werden. Das ist wie bei einer Autobahn-Mautstelle zu regeln: Zügig einfädeln, passendes Geld bereithalten und dann sofort das Gelände verlassen. Das bedeutet: Keine Diskussionen mit der Kassiererin, kein Nachwiegen von Kohlköpfen, kein Studieren der Süßigkeiten an der Kasse. So, und das ist nur das Dringenste, was mir vorerst einfällt.
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